Demenz durch gutes Hören vorbeugen - rechtzeitige Therapie hilft!
Gutes Hören reduziert das Risiko der Altersdemenz. Eine möglichst früh erkannte und therapierte Altersschwerhörigkeit beugt dem vor.
Dieser Beitrag liegt mir am Herzen, da mein Vater schon seit Jahren schwerhörig ist. Leider verweigert er ein Hörgerät, obwohl er dadurch einen Teil Lebensqualität zurückzubekommen könnte. So ist nicht nur die Kommunikation mit ihm beschwerlich, auch bei Familientreffen sitzt er überwiegend passiv dabei, weil er den Gesprächen nicht folgen kann.
Vorteile Gutes Hörens im Alter
Zwischen 14 bis 16 Millionen Menschen in Deutschland sind schwerhörig. Dazu gehört die Altersschwerhörigkeit (lat. Presbyakusis), welche ein natürlicher Prozess ist. Wer Wert auf Lebensqualität, Wohlbefinden und Sicherheit legt, nutzt eine individuell auf ihn zugeschnittene Therapie, hört wieder und
- meisterst alltägliche und berufliche Situationen leichter
- erlebt alle kleinen und groĂźen Entwicklungsschritte seiner Enkelkinder
- kann sich aktiv an Gesprächen in der Familie und im Freundeskreis etc. beteiligen
- versteht Informationen und Anweisungen von Ärzten:innen und kann entsprechende Fragen stellen
- sieht Telefonaten gelassen entgegen
- nimmt Gefahren im StraĂźenverkehr rechtzeitig war
- reduziert die Unfallwahrscheinlichkeit
- ermüdet und erschöpft weniger schnell
- ist offen fĂĽr neue soziale Kontakte
- verbessert seine berufliche Leistung
- beugt Demenz und psychischen Erkrankungen (Depression) vor
Wie hängen Demenz und Schwerhörigkeit zusammen?
Das Gehirn reagiert auf ein schlechter werdendes Gehör. Neurowissenschaftler:innen der Ruhr-Universität Bochum stellten fest, dass „während der Anpassung des Gehirns an den zunehmenden Hörverlust die Expression plastizitätsbedingter Neurotransmitter im Kortex und Hippocampus stark verändert ist. Es sei deutlich, dass ein zunehmender sensorischer Verlust die Funktion des Hippocampus („Gedächtnisorgan des Gehirns“) deutlich beeinträchtige“.
Das bedeutet: Bei Schwerhörigkeit werden die kognitiven Gehirnleistungen weniger gefordert, da diese Gehirnareale – durch reduzierte akustische Reize und häufig sozialem Rückzug – weniger Impulse erhalten. Ein weniger trainiertes und beanspruchtes Gehirn kann zu einem intellektuellen Leistungsabbau führen. Offen ist, ob Demenz zur Schwerhörigkeit führen kann. Dieser Effekt ist zum Beispiel möglich, wenn die akustisch wahrgenommen Signale nicht entsprechend verarbeitet werden können und deshalb ignoriert werden.
Was sind erste Anzeichen einer Schwerhörigkeit?
Schwerhörigkeit ist ein schleichender Prozess. Häufig wird es nicht zuerst von den Betroffenen selbst sondern vom sozialen Umfeld wahrgenommen. Wer schwerhörig ist, hört bestimmte Frequenzen und Tonlautstärken vermindert oder überhaupt nicht mehr. Da sich das Gleichgewichtsorgan ebenfalls im Ohr befindet, kann reduziertes Hörvermögen gleichzeitig zu Schwindelanfällen oder Gleichgewichtsstörungen führen. Es kann auch ein Tinnitus auftreten.
Ein HNO-Arzt sollte aufgesucht werden, wenn
- Klingel, Telefonläuten, Blätter- oder Meeresrauschen, Vogelgezwitscher, Weckerticken oder Kühlschranksurren überhört werden
- der Eindruck, dass Gesprächspartner:innen nuscheln, Nachfragen erforderlich macht
- sich Familienmitglieder oder Nachbarn:innen ĂĽber zu laute TV- oder Radio-Einstellungen beschweren
- sich das Sprachverständnis bei Geräuschkulisse (z. B. im Restaurant) verschlechtert hat
Was sind die Ursachen für Schwerhörigkeit im Alter?
Altersschwerhörigkeit tritt ungefähr im Alter ab 50 Jahren auf und betrifft meistens beide Ohren. Betroffen sind ca. 50% der Männer und ca. 25% der Frauen über 65 Jahren. Es wird meistens verursacht durch
- allgemeine Alterungsvorgänge
- familiäre Veranlagung
- schädigende Faktoren, z. B. Lärm, Nikotin
- Krankheitsbilder, wie Diabetes, hohe Cholesterinwerte
- erfahrene Mittelohrerkrankungen
Beim natürlichen Alterungsprozess werden das Innenohr mit seinen Sinnes- und Haarzellen, der Hörnerv sowie Bereiche im Gehirn, die für die Weiterverarbeitung der fortgeleiteten Schallwellen erforderlich sind, beeinträchtigt.
Gutes Hören: Wie wird Schwerhörigkeit bestimmt?
Für eine Beurteilung des Hörvermögens werden die Einheiten Tonhöhe (Frequenz) und Lautstärke (Hertz) ermittelt. Bei einem gesunden Gehör liegt der gesamte Hörbereich zwischen 0 bzw. 20 und maximal 20.000 Hertz (Hz). Die normalen Werte der Frequenz befinden sich zwischen 500 – 6.000 Hertz. Diese entsprechen den Frequenzen der normalen menschlichen Sprache. Die Maßeinheit für die Lautstärke sind Dezibel (dB). Bei 80-85 dB fängt ein Mensch an sich unwohl zu fühlen. Bei darüber liegendem Schalldruckpegel ist ein Lärmschutz erforderlich. 80 dB entspricht z. B. starkem Verkehr, LKW-Lärm und Bohrerei. Musik, gehört über Kopfhörer fällt – abhängig von der eingestellten Lautstärke – in den Bereich ab 95 dB.
Über diese beiden Einheiten bestimmt sich die Hörschwelle. Als Hörschwelle bezeichnet man die Wahrnehmungsgrenze eines Höreindrucks. Sie ist frequenzabhängig. Für eine Frequenz von 2.000 Hz ist sie bei gesundem Hörvermögen mit einem Schalldruck von 0 dB definiert. Auf dieser Grundlage wird das Ausmaß der Schwerhörigkeit in fünf Stadien geteilt.
Eine geringe Schwerhörigkeit liegt vor, wenn das Ticken einer Armbanduhr oder Blätterrauschen akustisch nicht wahrgenommen wird. Hierbei liegt eine Abweichung zur Normalhörigkeit oberhalb von 20 dB. Verschwinden die Grundgeräusche in Wohngebieten (Hörverlust von 40 dB) beginnt die mittelgradige Schwerhörigkeit. Bei mindestens 60 dB – einer hochgradigen Schwerhörigkeit – kann ein:e Gesprächspartner:in bei normaler Sprechlautstärke nicht mehr gehört werden. An Gehörlosigkeit grenzende Schwerhörigkeit – es ist quasi nichts mehr zu hören – fängt bei einem Hörverlust von mehr als 80 dB an. Weder laute Musik noch Geräusche einer Autobahn werden wahrgenommen.
Altersschwerhörigkeit: Therapie beugt Demenz vor
Je früher eine Hörschwäche erkannt wird, desto eher kann den Auswirkungen auf die Gesamtkonstitution entgegengewirkt und so das Demenzrisiko verringert werden. Deshalb sollten Personen ab 60 Jahren regelmäßig einen Hörtest beim HNO-Arzt durchführen lassen.
Ursache und Ausmaß der Schwerhörigkeit bestimmen die Therapie. Ob Hörgerät-Nutzung oder operativer Einsatz einer sogenannten Tympanoplastik – Ziel ist es, Hören sowie Sprachverständnis zu verbessern oder durch akustische Signale zu ersetzen.
Auch wenn nach erfolgter Therapie das neue Hörerlebnis ungewohnt ist und die Umstellung vielleicht etwas Geduld erfordert: Die Lebensqualität steigt enorm. Dadurch können schwerhörige Menschen auf Dauer Alltagssituationen sicher meistern und soziale Kontakte ausreichend pflegen. Ein HNO-Arzt berät hierzu ausführlich.
Ich finde
Das Tragen eines Hörgerätes sollte so selbstverständlich wie das Tragen einer Sehhilfe sein. Vor allem sollte die eigene Lebensqualität im Fokus stehen.
Wie denkt ihr darĂĽber?
Quellen
www.aerzteblatt.de/nachrichten/112429/Umorganisation-des-Gehirns-bei-Gehoerverlust-koennte-Demenz-Vorschub-leisten
www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Schwerhoerigkeit-steigert-Demenzrisiko,hoeren140.html
www.hno-aerzte-im-netz.de/krankheiten/schwerhoerigkeit/
www.netdoktor.at/krankheit/altersschwerhoerigkeit-7876
www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Altersschwerhoerigkeit-Therapie-beugt-Demenz-vor,hoeren140.html
Veröffentlicht am 18. April 2021